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Ich folge dir nach

Es gibt jemanden, der uns lockt, der uns ruft, eine bestimmte Reise anzutreten: die Reise unseres Lebens. Es gibt etwas in uns, das uns lockt und ruft, uns auf die Suche zu machen uns unserer Sehnsucht zu begegnen.
Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen, meinte Matthias Claudius. Meine Ausstellung mit dem Titel Ich folge dir nach erzählt in bunten, lebensfrohen Bildern kleine Geschichten einer Reise im Flug - mitten ins Leben hinein.

Rede von Alexandra bei ihrer Vernissage 

Gesprochen am 20.11.2008 im Haus der Frauen

 

Ich freue mich sehr, dass wir heute zum Anlass meiner ersten Ausstellung zusammenkommen. Ich möchte jetzt niemanden namentlich hervorheben oder begrüßen, sondern es mit dem einen Satz sagen: Ich freue mich sehr, dass ihr heute da seid. Beginnen möchte ich gerne mit einem Lied, deshalb werde ich die Musikgruppe, die ja nicht alle kennen, kurz vorstellen: Wir singen seit ungefähr 15 Jahren miteinander ca. einmal im Monat rhythmische Messen beim Familiengottesdienst in der Kirche St. Johann. Das erste Lied heißt: „Let my light shine bright“.  Der Refrain heißt auf Deutsch: Lass mein Licht Tag und Nacht auf dem Weg erstrahlen – für dich.

 

Heute habe ich also die Gelegenheit, von mir ein wenig zu erzählen, und ich nehme diese Gelegenheit wahr. Ich möchte einerseits davon berichten, wie ich zum Malen gekommen bin, und andererseits ein bisschen etwas über die Art, wie ich male, sagen bzw. was mir das Malen bedeutet. Die Musik wird zwischendurch das Ihre dazu beitragen. Ich werde nicht zu lange reden, denn die Bilder und Texte können ja eigentlich für sich selbst sprechen. 

 

Meine Bilder, die heute hier ausgestellt sind, sind alle in den letzten zwei Jahren entstanden und ich verrate euch gleich ein kleines Geheimnis: Aus unmittelbar früheren Zeiten gibt es auch keine anderen. Obwohl ihr mich alle kennt und das Wissen um meine Krankheit auch in diesem Raum zugegen ist, will ich sie jetzt erwähnen, weil sie zu mir gehört, wie alles andere auch. Ich möchte euch an das Märchen Dornröschen erinnern, wo die 13., die so genannte Böse Fee, zum Fest der Geburt des Kindes nicht eingeladen ist. Sie kommt dann aber natürlich doch zur Feier und überreicht als „Geschenk“ einen unguten Fluch. Ich habe mir gedacht, meine 13. Fee namens „Krankheit“, mag sie vielen vielleicht bösartig erscheinen, so macht sie die Gruppe der Feen erst vollständig und sie hat sich einen Ausschluss von diesem für mich so wichtigen Tag heute wirklich nicht verdient. Ich habe sie also auch eingeladen, ich hole sie herein in das Geschehen und will euch jetzt gerne erzählen, welche wichtige Rolle sie in meinem Leben doch spielt. 

 

Vor gut zwei Jahren bin ich an Krebs erkrankt, was einen großen Einschnitt für mein bisheriges Leben bedeutete. Ich habe mich in dieser für meine Familie und mich sehr schwierigen Zeit neu auf die Suche gemacht nach einem Weg, um weiterzuleben; nach einem Weg, der mir stimmig, gangbar und lebenswert erschien. Bei dieser Suche haben mir jene Tätigkeiten geholfen, die mich schon immer sehr angezogen haben: Das Malen und das Schreiben. Die Zeit der Krankheit gab mir bei allem Leid auch die Chance, mein Leben anders zu leben: Altes loszulassen und Neues zu wagen. Den Anstoß, mit dem Malen zu beginnen und das Schreiben aufzunehmen, gab mir also meine Erkrankung.   

 

Die Suche und die Offenheit gegenüber dem, was kommt, haben sich für mich gelohnt. Ich habe das Gefühl, auf dem Weg zu sein – mitten ins Leben hinein. Im Laufe der Zeit habe ich erkannt, dass ich mit meinen Bildern einem inneren Antrieb folge oder einem Ruf, wie ich es gerne nenne. So sind dann meine Bilder regelrecht „dahergepurzelt“. Das Malen selbst ging meistens so leicht, dass ich mich selbst oft wundere. Schwieriger war die organisatorische Frage: Wann male ich, also wann habe ich Zeit dafür? Aber da ich hartnäckig vor allem mir selber gegenüber geblieben bin, haben sich auch dafür Lösungen gefunden. 

 

Nun stellt sich ein Außenstehender sicher die Frage: Woher kommt denn nun dieser Ruf und wer ruft da? Von einer Freundin und Begleiterin kommt der Satz, der in diesen zwei Jahren beständig in mir schwingt und den ich, weil er für mich so wichtig ist, hier gerne aussprechen möchte: „Wir sind von Gott bewohnt.“ Von da kommt der Ruf, aus dem Innern, aus dem Herzen. Ich sage jetzt vielleicht etwas Ungewöhnliches, aber es entspricht meiner tiefsten Überzeugung:  Der Weg zu Gott führt zuerst über die eigene Seele und dann erst weiter. Und die Sprache Gottes ist anfangs nur ein Flüstern und kommt hervor im Träumen, im Sehnen, Wünschen und Hoffen. Und es ruft ununterbrochen, wenn man aufmerksam darauf wird. Diese Aufmerksamkeit mir selbst gegenüber ist wieder ein Verdienst der 13. Fee, meiner Krankheit, die ja, wie gesagt, heute auch eingeladen ist.  

 

So bin ich also diesem Ruf gefolgt auf einer Reise zu mir selbst, immer mit Fragen im Gepäck, mit genügend Proviant und begleitet von lieben Menschen. „Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen“, meinte Matthias Claudius. Mir ist allerhand begegnet auf meiner Reise, was nun aus meinen Bildern spricht. Zum Beispiel ein „Roter Fisch“ gegen den Strom schwimmend und ein „Ruhmbold“ mitten in der Landschaft meditierend. Ich war „Zuhause“ und am „Meer“, wurde begleitet von Engeln und traf Elefanten – sie alle, die da draußen am Gang warten, können euch später ihre manchmal etwas sonderbaren Geschichten erzählen.

 

Die Aufforderung aber, mutig in die eigene Geschichte, in die eigene Seele einzutauchen, kann man viel besser als mit Worten mit einem Lied machen. Dies Lied heißt „Down to the river to pray“. Dieses alte amerikanische Lied flüstert in wenigen Worten: „Lasst uns hinunter gehen zum Fluss und eintauchen in den Seelenstrom, um zu beten. Lasst uns dort tief unten die Verbindung aufnehmen mit Gott. Come on, sisters, brothers, fathers und mothers, lets go down.“

 

Ich möchte noch gerne etwas über die Bilder sagen oder vielmehr über den Stil meiner Bilder. Ich habe gemerkt, dass manche Betrachter die Art meiner Malerei oft befremdet. Das Prädikat „kindlich“ schwebt dann in der Luft und ich habe seit kurzem beschlossen, dies keinesfalls mehr als Beleidigung aufzufassen, sondern als höchstes Lob. Von Pablo Picasso stammt sinngemäß das Zitat: „Ich habe ein Leben lang gebraucht, um zu malen wie ein Kind.“ Mir kommt vor, ich kann gut verstehen, was Picasso damit meint: Meine Kinder sind mir seit vielen Jahren große Lehrmeister darin, zu malen wie ein Kind. Nämlich mit dieser Hingabe eines Kindes bei seiner Arbeit, dieser Unvoreingenommenheit, dieser Lust, dieser Liebe zum Schaffen, dieser Selbstverständlichkeit, weil es im Moment nichts Wichtigeres gibt, dieser Art, die Welt zu sehen und darzustellen, und letztendlich diesem Draht zu Gott und zu sich selbst. Und wenn das alles auch aus meinen Bildern spricht, so ist dies für mich das höchste Lob und ich bin damit mehr als zufrieden. Meinen Kindern verdanke ich noch mehr als das. Sie inspirieren mich. So manches Motiv habe ich mir von ihnen abgeschaut und sie waren damit niemals neidisch. Das heißt, sie haben mir bis jetzt noch nie mit dem Urheberrecht gedroht.

 

Zu meinen Texten möchte ich sagen, dass beim Schreiben der Texte zu den Bildern mir irgendwann erst gegen Schluss aufgefallen ist, dass Bild und Wort nun für mich ein Ganzes ergeben. So, als würden sich zwei Teile zusammenfügen. Ein Gefühl war das für mich, als würden sich Himmel und Erde berühren. Das hat mich letztendlich sehr zufrieden mit meiner Arbeit gemacht. Deshalb zeig’  ich mein Werk heute her - wird schon schiefgeh’n. 

 

Das nächste Lied handelt auch davon, dass Himmel und Erde einander berühren und daher ist es das richtige Lied für diesen Abend.  In der Liebe, im Vertrauen, in der Vergebung, da berühren sich Himmel und Erde. Ich gehe diesen Weg aber nicht allein. Und jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen euch zu sagen, dass ich sehr dankbar bin für euer Begleiten, für eure Freundschaft, für die vielfache Hilfe, für euer Dasein. Einerseits meine ich euer Mitgehen auf meinem oder man könnte genauso gut sagen, auf unserem Weg; andererseits danke ich aber auch allen, die es mir ermöglicht und mir geholfen haben, dass wir diesen Abend in dieser Form feiern können. 

 

Ein Gedicht von mir möchte ich jetzt gerne vorlesen, es ist draußen dann zu finden beim Bild mit dem Titel „Leben“. Erzählt wird es von einer vom Wind gebeugten Föhre, die in der Nähe des Meeres wächst.

​

Leben

Leben ist heute.

Heute ist Leben,

der Sommer ist mir gegeben.

 Mit der Erde bin ich verbunden,

sie wärmt, wenn ich frier’.

Meine Nadeln und Früchte

geb’ ich wiederum ihr.

 Dem Wind und dem Wetter

mein Stamm beugt sich verwegen,

doch meine Krone, die fliegt

dem Himmel entgegen.

 Beim Tanz meiner Nadeln

schau ich raus auf das Meer.

Es flüstert mir zu,

es ermuntert mich sehr:

 Leben ist heute.

Heute ist Leben,

der Sommer ist dir gegeben.

​

Bevor wir uns dann dem Büffet hier im Pfarrsaal widmen können, worauf vor allem die Kinder schon sehr warten, möchte ich noch ein paar Dinge ansagen. Die Bilder und Texte, die im Rundgang, also links und rechts im Gebäude, betrachtet werden können, sind nicht verkäuflich. Johannes, Peter und ich, wir haben aber Karten gedruckt und ein Büchlein gemacht, das alle Bilder und Texte dieser Ausstellung enthält. Diese Dinge sind käuflich erhältlich, solange der Vorrat reicht. Jetzt bin ich aber mit Reden fertig und es kommt mein Dankeslied an euch und es heißt: „Geh den Weg nicht allein“

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