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The-silent-view-Gallery

Meine Haltung in der Fotografie ist stark verbunden mit meiner Sicht auf die Welt und das Leben in ihr. Mit Adalbert Stifter stimme ich überein in seinen Ansichten aus dem Sanften Gesetz, wo er die leisen und scheinbar unspektakulären Vorgänge und Ereignisse in der Natur über die Naturgewalten stellt. 

 

„Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen der Getreide, das Wogen des Meeres, das Grünen der Erde, das Glänzen des Himmels, das Schimmern der Gestirne halte ich für groß: das prächtig einherziehende Gewitter, den Blitz, welcher Häuser spaltet, den Sturm, der die Brandung treibt, den feuerspeienden Berg, das Erdbeben, welches Länder verschüttet, halte ich nicht für größer als obige Erscheinungen, ja ich halte sie für kleiner…“

 

Stifter überträgt diesen Gedanken (so wie ich) auch auf das menschliche Leben, auch hier sind es nicht „die Krieger und Könige, sondern die Dinge des Friedens“ (also diese Formulierung habe ich aus dem „Himmel über Berlin“ geklaut), die seine Aufmerksamkeit erhalten. Und damit ist meine Welt und folglich meine Fotowelt schon in ihren Umrissen beschrieben. Ich habe ihr, wie dieser Ausstellung, den Namen <The silent view> gegeben. Der Begriff zieht sich wie ein roter Faden durch meine gesamte fotografische Arbeit. Je älter ich werde, desto weniger lockt mich das Laute, der schöne Schein oder das Pompöse, vielmehr liegt das wahre Abenteuer in der Stille, im Einfachen im Alltäglichen, im Ungeschminkten.

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Es ist keine idealisierte Welt, die ich zeigen möchte, auch keine Gegenwelt. Die Welt ist wie sie ist. Kriegerisch, oberflächlich, hektisch. Auch meine Aufmerksamkeit richtet sich auf den Motorradfahrer, der von der Ampel per Kavalierstart losdröhnt, auf das blinkende Plakat, das mir ewige Gesundheit und Jugend verheißt. 

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Aber ich möchte nicht dabei stehen bleiben, mein Herz wird berührt von diesen anderen, stillen Ereignissen. Der Blick eines Menschen dans le vague – ins Unscheinbare, Uferlose, Unendliche; der aufmerksame Zuhörer, das Paar, das sich mit einem Blick begegnet und wenigstens in diesem einen Moment ganz Liebe ist, der Mann, der auf nichts mehr zu warten scheint, die alte Frau, die ihren Mann nach 50 Jahren mit soviel Güte mustert - das sind die Held:innen aus meinem eigenen Epos. Und das versuche ich zu zeigen auf meinen Bildern. Und darauf richtet sich meine Aufmerksamkeit auch ohne Kamera.

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