Portraits
Es ist meistens nicht gut, wenn ich zu viel über das Portraitieren nachdenke. Ob es überhaupt sinnvoll ist, in unserer heutigen Zeit, gibt es überhaupt so viel her als Motiv, sehr einfallsreich ist es ja auch nicht und so weiter. Es gibt ja auch schon so viele, braucht es wirklich noch mehr? Kann ich überhaupt noch etwas Neues beitragen? Wenn ich zu viel nachdenke, gibt es wenig Gründe die das Portraitieren legitimieren. Aber überhaupt habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Denken in Bezug auf Portraits nicht sehr hilfreich ist, weder beim Malen noch beim Betrachten. Ich behaupte, in beiden Fällen muss man sich drauf einlassen oder man kann es gleich bleiben lassen, die Gefahr des Zerdenkens ist real.
Wenn ich anfange zu malen habe ich keinen konkreten Plan, ich überlege mir nicht im Voraus, was ich mit einem Portrait darstellen will, ich habe keine Vision wie es aussehen soll. Wen ich auch male, ob es jemand vertrautes, fremdes oder ich selbst bin, immer fange ich von vorne an, muss vergessen was ich schon weiß. Muss schauen, geduldig beobachtet. Sobald mein Gegenüber Platz genommen hat und zur Ruhe gekommen ist, fange ich an die Farben auszuwählen und anzumischen. Während ich in meinem Vorrat an Öl-Tuben herum krame, horche in mich hinein was sich heute in Verbindung mit dem speziellen Menschen vor mir richtig anfühlt. Worauf es mir dann beim Malen ankommt ist, dass das Gemalte sich Schritt um Schritt dem Gesehenen annähert. Ich hoffe dabei, nicht bei der physischen Erscheinung der Person stehen zu bleiben. Zu oft werden Menschen beim Portraitieren auf ihren Körper reduziert. Ich will es auch nicht einfach die Psyche oder den Charakter nennen, was ich darzustellen suche. Wie soll ich sagen, wenn ich Glück habe komme ich wohin, wo sich etwas verändert, mit mir, mit meinem Gegenüber oder zwischen uns. Ich bekomme ein reiches und feierliches Gefühl von Beschenktsein, dass dieser bestimmte Mensch da vor mir sitzt, dass er in dieser Form, dieser Gestalt, mit diesen seinen Eigenheiten und Komplexitäten ausgerechnet nun hier ist. Ich tauche tiefer, strecke meine Fühler aus, suche nach etwas Zeitlosem, etwas das jetzt wie später wahr ist, etwas das tief in meinem Gegenüber liegt, ein großer Schatz – ich kann es nicht fassen, was genau da ist, aber es flößt mir großen Respekt ein und jedes Menschenleben scheint mir dadurch teuer. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, vielleicht ist es nicht real was ich da gedanklich skizziere, aber diese flüchtigen Ahnungen die ich bisher davon bekommen habe beflügeln mich so sehr und treiben mich an weiterhin die Menschen, das Menschsein und echte Menschlichkeit zu suchen, und suchend weiter zu malen.